Redebeitrag gegen AfD-Wahlkampfveranstaltung
Hallo,
heute sind wir hier, um ein Zeichen gegen Rassismus, Hass und Hetze zu setzen. Denn heute hält die AfD hier in Riesa eine Wahlkampfveranstaltung ab und wie auch bei anderen Auftritten der Partei und ihrer Funktionäre, wie auch bei den Bundestagsreden ihrer Abgeordneten, wird auch diese Veranstaltung erwartungsgemäß rassistischen, geschichtsrevisionistischen und menschenverachtenden Charakter tragen, denn das ist der Kern dieser Partei.
Dort wird u.a. ein Carsten Hütter stehen und reden. Einer, der in der Vergangenheit rassistische Pressemitteilungen verfasste, in extrem rechten Facebook-Gruppen unterwegs war und die Erfassung der Daten über die sogenannten Reichsbürger kritisierte.
Dort wird auch ein Detlef Spangenberg stehen, der in den Nullerjahren Mitglied der rechten Wählervereinigung „Arbeit-Familie-Vaterland“ war und schon damals mit rassistischen und muslimfeindlichen Inhalten geworben hat.
Da werden noch andere Gruselgestalten stehen, die ich nicht alle aufzählen will und sie werden auch heute wieder durch das Schüren von teils durch die Partei selbst generierten Ängsten die Gesellschaft weiter spalten.
Umso wichtiger ist es heute zu zeigen, dass wir als Demokratinnen und Demokraten und Antifaschistinnen und Antifaschisten, diese Positionen nicht unwidersprochen hinnehmen. Deswegen schon mal vorab ein riesiges Dankeschön, an alle, die heute mit uns hier demonstrieren.
AfD aber auch z.B. Pegida und Andere haben nicht nur den gesamten bundesdeutschen Diskurs nach rechts verschoben. Sie verschoben und erweiterten damit auch den politischen Raum, in dem menschenfeindliche und rassistische Aussagen und auch Praxis möglich sind.
Und diese Partei, deren Thüringischer Landesvorsitzender laut Gerichtsurteil als Faschist bezeichnet werden darf; die Partei, deren ehemaliger Bundessprecher die NS-Zeit und damit implizit auch den Mord an über 6 Millionen von Jüdinnen und Juden und Millionen anderer Menschen als einen „Vogelschiss“ bezeichnete; diese Partei, deren Ex-Pressesprecher Christian Lüth sagte, ich zitiere: „Wenn es Deutschland schlecht geht, geht’s der AfD gut“; die Partei, für die der Mörder von Walter Lübcke, Wahlkampf gemacht hat – ja diese Partei, die steht heute hier in Riesa und meint ihren Hass ungestört im öffentlichen Raum breit treten zu können. Das nehmen wir nicht hin und wir werden unseren Protest und Widerstand dagegen nicht nur heute, sondern auch in Zukunft laut und selbstbewusst kundtun.
Denn aus Hass und verbaler Gewalt folgt reale physische Gewalt. In Sachsen gabs schon lange vor der Gründung der AfD vielerorts Angstzonen für Menschen, deren Aussehen oder politische und religiöse Vorstellungen für Gewalttäter als Legitimation für Angriffe und Ermordung dienen. Die gewaltvolle und hasserfüllte Sprache der AfD und das Bedienen von entmenschlichenden Feindbildern hat umso mehr dazu beigetragen, dass diese Angstzonen noch krasser und mehr geworden sind. Erwachsene Männer, die in Anführungszeichen „nicht deutsch“ aussehende Kinder von Fahrrädern schubsen. Männer und Frauen, die Mütter mit Kopftuch im Beisein ihrer Kinder angreifen. Das ist nicht ausgedacht, das ist Realität in Sachsen im Jahr 2021. Und all das geht auch unter anderem aufs Konto der AfD, die mit ihrer Rhetorik und zahlreichen bewusst gewählten und wohl kalkulierten sprachlichen Entgleisungen maßgeblich dazu beiträgt, Menschen gegeneinander auszuspielen.
Ich persönlich weigere mich all diese Zustände zu akzeptieren, und ich denke und hoffe, dass es euch genau so geht. Deswegen ist es notwendig laut zu sein und zu zeigen, dass wir die permanenten Angriffe auf Menschenrechte und Menschenwürde und auf die Grundfesten unserer Demokratie nicht hinnehmen. Denn wir als Demokratinnen und Demokraten, Antifaschistinnen und Antifaschisten stehen dafür, dass kein Mensch sich jemals schutzlos ausgeliefert fühlen oder in permanenter Angst vor Angriffen leben muss – und für uns ist es ganz egal, ob der Mensch dabei hier geboren oder zugewandert ist. Denn alle Menschen sind gleich an Rechten und gleich an Würde. Menschenrechte sind unteilbar. Wer andere wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Kultur, Religion oder Herkunft ausgrenzt, ist ein Rassist und kein Partner im demokratischen Diskurs.
Wir wissen aber auch, dass die AfD der Gegenwart nicht mit der AfD in ihrer Gründungszeit identisch ist. Sie durchlief mehrere Metamorphosen und sie hat eine Entwicklung hin zum Extremismus vollzogen. Das belegen zahlreiche Aussagen ihrer Parteifunktionäre und Abgeordneter. Das belegt der Umstand, dass einige ihrer Abgeordneten, selbst aus Neonazi-Kontexten kommen, wie Andreas Kalbitz z.B. Dieser beschäftigte auch mindestens einen ehemaligen Neonazi-Aktivisten als Landtagsmitarbeiter. Überhaupt wurden nicht wenige frühere Angehörige traditioneller rechtextremer Organisationen dann Abgeordnetenmitarbeiter im Bundestag wie in den Landtagen. Das spricht neben vielen anderen Fakten sehr stark gegen die offiziell verkündete Distanzierung der Partei von einschlägigen Organisationen und Personen und macht diese angebliche Distanzierung doch sehr unglaubwürdig. Nicht nur deswegen frage ich mich ernsthaft, wie man in Anbetracht dieser Entwicklung, in Anbetracht nachweisbarer personellen und strukturellen Verbindungen zur neonazistischen Szene und ungeachtet dessen, dass bekennende Neonazis und Faschisten in ihren Reihen sitzen, immer noch so viele Menschen denken, dass diese Partei noch irgendwie eine bürgerlich-konservative und demokratische Partei sein soll.
Hier muss ich deutlich sagen: Die AfD ist keine demokratische Partei. Sie ist ein demokratiegefährdendes Sammelbecken. Mit ihren Positionen legt sie die Axt an die Wurzel der Demokratie. Sie hat ein rein taktisches Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie, sie nutzt das Parlament als Bühne für ihre Hetze und nutzt demokratische Instrumente aus, um die Demokratie damit abzubauen; sie lehnt Minderheitenschutz und Pluralismus ab – was jedoch beides notwendige Bestandteile einer Demokratie sind – sie ist damit ganz klar in ihren Inhalten und ihrer Ausrichtung anti-pluralistisch und folglich ist sie antidemokratisch.
Und auch das ist der Grund, warum wir heute hier sind. Denn es ist unsere Pflicht als Demokratinnen und Demokraten, auf antidemokratische und grundgesetzwidrige Positionen und Entwicklungen hinzuweisen und sie zum Schutze der Demokratie auch auszugrenzen!
Deswegen müssen wir, müssen alle progressiven und demokratischen Kräfte in dieser Gesellschaft zusammenrücken und immer wieder deutlich machen, dass es keinen Platz für Rassismus und Menschenfeindlichkeit geben darf und zwar nirgends, nicht auf der Straße und auch nicht in den Parlamenten. Wir müssen immer wieder klar machen, dass Menschenrechte und Demokratie zu schützen eben nicht heißt, diese in Frage zu stellen. Wir müssen den von verschiedenen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Betroffenen zuhören und ihre absolut begründeten Sorgen und Ängste ernst nehmen. Wir müssen angegriffenen Menschen und Strukturen unentwegt den Rücken stärken. Wir müssen demokratische Bildungsarbeit unterstützen, erhalten und ausbauen. Selbstverständlich müssen wir aber auch den Verunsicherungen und gesellschaftlichen Konflikten, aus denen der Erfolg der AfD sich vielfach speist, den Boden unter den Füßen entziehen, indem wir unsere eigenen Konzepte für eine gerechte Gesellschaft in den Vordergrund stellen.
Und natürlich braucht es auch eine aktive Zivilgesellschaft, die den Mund aufmacht, wenn Menschen auf der Straße angespuckt, beleidigt und bedroht werden oder wenn die Grundpfeiler der Demokratie angegriffen werden. Wir brauchen also deutlich mehr hörbaren demokratischen Protest wie heute.
Nur so kann eine solidarische und verantwortungsvolle Gesellschaft bestehen. Und nur so können wir diese Gesellschaft gegen rassistische und faschistische Umtriebe verteidigen. Lasst uns also nicht nur heute, sondern auch morgen und auch an jedem anderen Tag dafür kämpfen.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.