Beitrag zum Internationalen Tag der Demokratie
Der 15. September ist der internationale Tag der Demokratie. Dieser wurde 2007 von den Vereinten Nationen eingeführt, um zu verdeutlichen, dass Demokratie nichts “Gegebenes” ist, was einfach so besteht. Sondern dass man sich vielmehr aktiv für die Demokratie und demokratische Grundsätze einsetzen und diese auch vor Angriffen verteidigen muss.
Denn die Demokratie wird täglich angegriffen — das sieht man beispielsweise dort, wo Politiker*innen und Regierungen, die Demokratie und ihre Prinzipien wie z.B. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz, Pressefreiheit oder Minderheitenrechte Schritt für Schritt demontieren — und das passiert nicht irgendwo „weit weg”, sondern in Europa, in Polen oder in Ungarn. Das passiert auch in Deutschland, wenn AfD, Pegida und Co. gegen die „Lügenpresse” hetzen, Journalist*innen attackieren, die notwendigen Bestandteile einer Demokratie wie Minderheitenschutz und Minderheitenrechte ganz bewusst in Frage stellen und negieren oder insgesamt eine pluralistische Gesellschaft ablehnen. Sie machen damit deutlich, dass sie antidemokratische Positionen vertreten. Und daraus resultiert für alle Demokrat*innen, die Pflicht, diese Positionen entschieden auszugrenzen, auf antidemokratische Entwicklungen hinzuweisen und die Demokratie mit ihren Grundsätzen aktiv zu verteidigen.
In der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag haben wir einen Antrag mit dem Titel „Eintreten für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit fördern: Fremden- und Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft keinen Raum geben!” (LINK) eingereicht, der genau das einfordert. Unter anderem formuliert der Antrag einen klaren Auftrag: „Der Landtag, das Parlament steht in besonderer Verantwortung, jederzeit und allen Orts für eine offene Gesellschaft, die von Humanität, Toleranz, Demokratie, kultureller Vielfalt und Solidarität getragen ist, einzutreten sowie Bündnisse und Initiativen, die mit ihren Aktivitäten gegen Fremden- und Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, die extreme Rechte, Hass und Gewalt auftreten, hierbei aktiv zu unterstützen und zu fördern.“
Zur Verteidigung der Demokratie gegen ihre Feinde gehört auch die Unterstützung von Initiativen und Projekten, die gegen verschiedene Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auftreten und sich zur Förderung eines solidarischen Miteinanders, kulturellen Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz einsetzen. Die Coronavirus-Pandemie hat alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst und geht damit folglich auch an diesen Strukturen nicht spurlos vorbei. Umso mehr ist der Freistaat Sachsen in der Pflicht, diese Strukturen abzusichern und ihr Weiterbestehen zu garantieren. Dafür werden wir uns in der Linksfraktion auch zukünftig stark machen und der Sächsischen Staatsregierung sehr genau auf die Finger schauen.
Zur Demokratie gehört auch ganz klar demokratische Beteiligung von Bürger*innen. Und diese schöpft sich keineswegs darin aus, dass Menschen alle Paar Jahre an die Wahlurne gehen. Demokratische Beteiligung und Partizipation muss auch weitere Mitbestimmungsmöglichkeiten enthalten. Ich habe dazu bereits vor einer Weile eine kleine Anfrage an die Sächsische Staatsregierung eingereicht und nach unterschiedlichen Möglichkeiten der Bürger*innenbeteiligung in Sachsen gefragt. Spannend finde ich die Antworten der Staatsregierung insbesondere zu Fragen der direktdemokratischen Beteiligung sowie sogenannter „Volksgesetzgebung“, wie z.B. „Volksanträgen“, „Volksbegehren“ und „Volksentscheiden“. Bereits in der 4. Wahlperiode, von 2004–2005, sollte geprüft werden, ob etwaige Änderungen bei diesen Instrumenten vorgenommen werden sollten, um für mehr Bürger*innenbeteiligung und ‑mitsprache zu sorgen. Im Ergebnis wurden keine neuen Gesetzesregelungen geschaffen. Auch eine Legislatur später, in der 6 Wahlperiode, von 2014 bis 2019, sollte erneut geprüft werden, ob mehr Möglichkeiten zur direktdemokratischen Beteiligung geschaffen werden sollten, so z.B. durch eine Absenkung des Quorums für „Volksbegehren“. Das Ergebnis? Erneut wurde nach der Prüfung nichts unternommen, um tatsächlich die Hürden für direkte Demokratie zu senken. Es bleibt abzuwarten, ob uns in der laufenden 7. Wahlperiode ein déjà vu erwartet. Laut Koalitionsvertrag hat sich die Kenia-Koalition die Senkung des Quorums für „Volksanträge“ und „Volksbegehren“ sowie die Einführung eines Zustimmungsquorums von 20 Prozent für „Volksentscheide“ vorgenommen. Papier ist jedoch geduldig.
Während dessen hat sich die Vorgängerin der Fraktion DIE LINKE, die Fraktion Linke Liste/PDS, schon bei der Ausarbeitung der Verfassung in der 1. Wahlperiode für stärkere Mitwirkungsrechte für Bürger*innen bei der politischen Willensbildung und Gesetzgebung eingesetzt und kämpft seither für eine Stärkung der direkten Demokratie im Freistaat Sachsen, z.B. für eine Absenkung der Quoren und Hürden bei der „Volksgesetzgebung”. Auch das Beispiel des „Volksantrags für längeres gemeinsames Lernen” verdeutlicht, dass die „Volksgesetzgebung” durchaus eine Modernisierung vertragen könnte. Wie zahlreiche Unterstützer*innen des „Volksantrags” habe auch ich mit vielen Genoss*innen letztes Jahr bei Wind und Wetter fleißig Unterschriften gesammelt. Denn ein „Volksantrag“ in Sachsen benötigt 40.000 gültige Unterschriften von zur Landtagswahl Wahlberechtigen, die innerhalb eines Jahres zu sammeln sind — wohlgemerkt mit Stift und Papier. Das ist nicht nur schade um die vielen Bäume, sondern müsste doch im 21. Jahrhundert eigentlich unkomplizierter gehen. Unser Fraktionsvorsitzender Rico Gebhardt hat z.B. in einer Pressemitteilung digitale Unterschriftensammlungen vorgeschlagen – ein durchaus sinnvoller Schritt für die dringende Wiederbelebung und Modernisierung der „Volksgesetzgebung“ in Sachsen. Zu digitalen Möglichkeiten der Bürger*innenbeteiligung habe ich jüngst einige Fragen an die Staatsregierung gestellt und werde über die Antworten auf meinen Kanälen informieren.