Redebeitrag bei der Kundgebung „Wir sagen Nein zu Rassismus – für eine weltoffene Gesellschaft“ in Weinböhla
Hier ist ein Auszug aus meiner Rede, die ich am 29.02. bei der Kundgebung „Wir sagen Nein zu Rassismus – für eine weltoffene Gesellschaft“ in Weinböhla anlässlich des dort stattgefundenen AfD-Landesparteitags gehalten habe:
„Es ist heutzutage keineswegs so selbstverständlich, dass Menschen ihre Stimmen gegen völkischen Nationalismus und autoritäre gesellschaftliche Entwicklungen erheben. Umso wichtiger ist es, dass wir heute ein Zeichen gegen Rassismus und alle anderen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit setzen.
Denn wir haben den Punkt, an dem der Ausspruch „Wehret den Anfängen“ passend wäre, schon längst hinter uns gelassen. Wir sind nicht mehr am Anfang einer bedrohlichen Entwicklung, wir sind genau mitten drin. AfD aber auch Pegida haben nicht nur den gesamten bundesdeutschen Diskurs nach rechts verschoben. Sie verschoben und erweiterten damit auch den politischen Raum, in dem menschenfeindliche und rassistische Aussagen und Politiken möglich geworden sind. Und diese Partei, deren Thüringischer Landesvorsitzender laut Gerichtsurteil als Faschist bezeichnet werden darf; die Partei, deren ehemaliger Bundessprecher die NS-Zeit und damit implizit auch den Mord an 6 Millionen Jüdinnen und Juden als einen „Vogelschiss“ bezeichnete – die sitzt nur hier in Weinböhla und meint ihre menschenverachtende Politik ungestört bei einem Landesparteitag fortsetzen zu können.
Doch es sind nicht nur die bekannten Faschos von der AfD, sowie all diejenigen, die ihre Menschenfeindlichkeit mittragen und unterstützen, gegen die wir uns heute hier versammelt haben. Es ist auch der alltäglich gewordene Rassismus, der überall bittere Realität ist. Es sind Pegida-Teilnehmer, die Verständnis für den Mörder von Walter Lübcke zeigen und einen Mord aus Hassmotiven als etwas „Normales“ bezeichnen. Es sind die vielerorts entstandenen Angstzonen– Angstzonen für Menschen, deren Aussehen, deren politische und religiöse Vorstellungen oder deren Lebensentwürfe, für Rechtsterroristen als Legitimation für Angriffe und Ermordung dienen. Es ist der in allen Teilen der Gesellschaft verbreitete Rassismus, der mit Hilfe der unsäglichen Extremismustheorie an die vermeintlichen Ränder ausgelagert und damit kaschiert wird. Es ist der wirklich schändliche und unverzeihliche Umstand, dass der Kampf gegen Faschismus, also Antifaschismus, zum Schimpfwort verkommen ist und dass zivilgesellschaftliches Engagement und der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte mit dem Vorwurf des „Linksextremismus“ stigmatisiert und verunmöglicht wird.
Die AfD hat mit unzähligen Aussagen und Behauptungen den Boden für rassistische Hetze und mörderische Taten bereitet. Hier im Zentralgasthof in Weinböhla sitzen diejenigen, die sich positiv auf den Faschisten Höcke beziehen oder selber Mitglieder des „Flügels“ sind. Und ich bin jedes Mal entsetzt und frage mich ernsthaft, wie kann das sein, dass trotz alle dem, trotz offenkundigem Rassismus; trotz nachweisbaren personellen und strukturellen Verbindungen zur neonazistischen Szene; trotz dessen, dass bekennende Neonazis und Faschisten in ihren Reihen sitzen, immer noch so viele Menschen denken, dass diese Partei eine bürgerliche und demokratische Partei sein soll.
Hier muss ich deutlich sagen: Nein, die AfD ist keine demokratische Partei. Sie nutzt demokratische Instrumente, um die Demokratie abzubauen; sie lehnt Minderheitenschutz und Pluralismus ab – was jedoch beides notwendige Bestandteile einer Demokratie sind – sie ist damit ganz klar antidemokratisch. Und es ist eine demokratische Pflicht, auf solche antidemokratischen und grundgesetzwidrigen Positionen und Entwicklungen hinzuweisen und diese auszugrenzen.
Deswegen müssen wir immer wieder deutlich machen, dass es keinen Platz für Rassismus und Menschenfeindlichkeit geben darf, weder auf der Straße, noch in den Parlamenten. Wir müssen immer wieder klar machen, dass Menschenrechte und Demokratie zu schützen eben nicht heißt, diese in Frage zu stellen. Wir müssen den von Rassismus Betroffenen zuhören und ihre absolut begründeten Sorgen und Ängste ernst nehmen. Wir müssen angegriffenen Menschen und Strukturen unentwegt den Rücken stärken. Wir müssen Demokratieprojekte unterstützen, erhalten und ausbauen. Und wir müssen noch was tun: wir müssen endlich HANDELN! Wir müssen den rechten Terror konsequent bekämpfen. Neonazis und solche, die mit dieser Ideologie sympathisieren, sind aus den Behörden und dem Staatsdienst zu entfernen. Die NSU-Akten müssen geöffnet werden. Die radikalen Rechten müssen entwaffnet werden. Es braucht insgesamt mehr demokratische Bildung und Aufklärung. Und all das hätte eigentlich schon längst passieren müssen.
Denn Demokratie und ein Leben in Freiheit sind nicht einfach da, sie müssen täglich erstritten, erkämpft und verteidigt werden. Nur so kann eine solidarische und verantwortungsvolle Gesellschaft bestehen. Und nur so können wir diese Gesellschaft gegen rassistische und faschistische Umtriebe verteidigen.