Forderungen der hochschulpolitischen Sprecher*innen der LINKEN

Am 27.03. hat sich die Bun­de­sar­beits­ge­mein­schaf Wis­senschaft zu ein­er Tele­fonkon­ferenz zusam­menge­fun­den und die Sit­u­a­tion der Studieren­den sowie Beschäftigten an Hochschulen disku­tiert. Denn Prob­leme gibt es genug: Hochschulen im Not­be­trieb, Unsicher­heit­en in Bezug auf Prü­fungsleis­tun­gen, Exam­i­na und sowieso, wie soll die Miete und der Leben­sun­ter­halt finanziert wer­den, wenn das BAfÖG nicht zahlt und der Neben­job weg ist? Die hochschulpoli­tis­chen Sprecher*innen der LINKEN Frak­tio­nen haben ihre Forderun­gen, was aus LINKER Sicht jet­zt zu tun ist, auf Papi­er gebracht.

Fol­gen der Coro­na-Krise an den Hochschulen sol­i­darisch bewälti­gen! Die Coro­na-Krise ist eine schwierige Phase, die alle Lebens- und Gesellschafts­bere­iche beansprucht und bee­in­flusst. Das Rin­gen um eine Eindäm­mung der Aus­bre­itung des Virus und der Umgang mit den sozialen sowie ökonomis­chen Fol­gen bes­tim­men im Moment das Denken und Han­deln weltweit. Neben unser aller All­t­ag sind auch Lehre und Forschung an Hochschulen vor ungeah­nte Her­aus­forderun­gen gestellt. Ja, im Moment müssen die Ver­langsamung der Aus­bre­itung des Virus und die Aufrechter­hal­tung wichtiger Funk­tio­nen der öffentlichen Ver­sorgung im Vorder­grund ste­hen. Dazu leis­ten auch die Hochschulen und Wis­senschaft­sein­rich­tun­gen mit Not­be­trieb und der Ver­schiebung des Semes­ter­starts einen Beitrag, eben­so wie mit der Forschung auf Hoch­touren zur Bekämp­fung des Coro­n­avirus. Aus dieser Sit­u­a­tion erwach­sen aber für Studierende und Beschäftigte viele Fra­gen und Unsicher­heit­en, die wir ihnen nehmen müssen. Wir brauchen Lösun­gen und gemein­same Wege, die auch in der Wis­senschaft — von den Studieren­den bis zu den Lehren­den jed­er Per­son­alkat­e­gorie und Mitarbeiter*innen in Ver­wal­tung sowie extern­er Dienstleister*innen — nie­man­den zurück­lassen. Viele wer­den auch finanziell und exis­ten­tiell hart auf die Probe gestellt. Es muss weit­er Miete gezahlt und Lebens­mit­tel müssen eingekauft wer­den, auch wenn das BAföG nicht reicht und drin­gend benötigte Neben­jobs pausieren müssen. Beschäftigte in befris­teten Arbeitsver­hält­nis­sen, sind nicht seit Kurzem, aber jet­zt in beson­derem Maße ein­er erhe­blichen Pla­nung­sun­sicher­heit aus­ge­set­zt. Es zeigen sich auch in diesem Bere­ich die Ver­säum­nisse in der Hochschul- und Wis­senschaft­spoli­tik der let­zten Jahre. Die Krisen­be­wäl­ti­gung sollte daher auch als Chance begrif­f­en wer­den, nicht nur ad hoc sol­i­darische Hil­fe zu leis­ten, son­dern langfristige struk­turelle Verbesserun­gen in den Hochschulen zu bewirken. Wir müssen auch bere­its jet­zt über die Zeit der akuten Ein­schränkun­gen hin­weg denken und über­legen, wie wir das Hochschul- und Wis­senschaftssys­tem “nach Coro­na” entwick­eln wollen, um dem Ziel ein­er offe­nen, sozialen und demokratis­chen Hochschule näher zu kom­men. Viele Men­schen an den Hochschulen machen sich darüber bere­its Gedanken und zeigen den poli­tis­chen Verantwortungsträger*innen und den wis­senschaftlichen Insti­tu­tio­nen die ganz drin­gend notwendi­gen, wie auch langfristi­gen Hand­lungsper­spek­tiv­en auf. Von Studieren­den­vertre­tun­gen und Mit­tel­bauini­tia­tiv­en, bis hin zu einem offe­nen Brief von tausenden Hochschulbeschäftigten bun­desweit mit der Forderung danach, das Som­merse­mes­ter 2020 zu einem #Nichtse­mes­ter zu machen. Als LINKE Wissenschaftspolitiker*innen und wis­senschaft­spoli­tisch Aktive unter­stützen wir diese Idee. Ob Nichtse­mes­ter, Option­sse­mes­ter oder Kreativse­mes­ter: Wichtig ist nicht der Name, wichtig ist, welche Lösun­gen wir für Studierende und Beschäftigte find­en. Deshalb fordern wir:

Einheitliche Maßnahmen an den Hochschulen

Für Studierende und die Beschäftigten an den Hochschulen bedarf es ein­er ver­lässlichen und ein­heitlichen Regelung für das aktuelle Som­merse­mes­ter und das kom­mende Win­terse­mes­ter Forderungspa­pi­er der LINKEN Bun­de­sar­beits­ge­mein­schaft Wis­senschaft (27.03.2020). Das bedarf u.a. der Anpas­sun­gen von BAföG-Ansprüchen sowie der Ver­längerung der Regel­stu­dien­zeit und von befris­teten Beschäf­ti­gungsver­hält­nis­sen um min­destens ein Semes­ter. Nie­man­dem darf ein Nachteil aus der derzeit­i­gen Krisen­si­t­u­a­tion entste­hen, wed­er Studieren­den noch den Beschäftigten. Sofern noch nicht geschehen sind die Hochschulen in den Not­be­trieb zu ver­set­zen. Anwe­sen­heit­spflicht­en als Prü­fungsvo­raus­set­zung sind vol­lum­fänglich auszuset­zen. Per­son­al- und Studieren­den­vertre­tun­gen sollen in die Krisen­stäbe der Hochschulen und Wis­senschaft­sein­rich­tun­gen einge­bun­den wer­den. Durch externe Dienstleister*innen an den Hochschulen Beschäftigte sollen Lohn­fortzahlun­gen erhal­ten. Die Bewer­bungs- und Zulas­sungs­fris­ten für das Win­terse­mes­ter 2020/2021 müssen in der KMK miteinan­der abges­timmt ver­schoben wer­den, damit Stu­di­en­berechtigte durch ver­schobene und ggf. ent­fal­l­ende Abschlussprü­fun­gen an Gym­nasien, Kol­legs und weit­eren Schulen bzw. Meis­ter­prü­fun­gen keine Nachteile erlan­gen, eben­so wie Studierende beim Zugang zum Mas­ter. Hochschulzu­las­sungs­beschränkun­gen müssen deut­lich gelock­ert wer­den.

Schnelle Hilfe für Studierende

Studierende haben in der Regel keinen Anspruch auf Grund­sicherung und nicht ein­mal jede*r fün­fte Studierende erhält BAföG. Deshalb müssen Bund und Län­der einen Sozial­fonds ein­richt­en, aus dem Studierende in finanzieller Not­lage unbürokratis­che und rück­zahlungs­freie Zuschüsse zum Leben­sun­ter­halt erhal­ten. Eben­so sind über die Dar­lehen­skassen der Studieren­den­werke schnelle und unbürokratis­che finanzielle Unter­stützun­gen zu gewähren. Die Beantra­gung von Urlaub­sse­mes­tern soll unbürokratisch gehand­habt und die Frist für die Beantra­gung ver­längert wer­den, um bei Weg­fall von Jobs ggf. die Beantra­gung von ALG II zu ermöglichen. Alle BAföG-Berechtigten müssen lück­en­los weit­er gefördert wer­den. Das Som­merse­mes­ter 2020 darf für Studierende, die eine Förderung nach BAföG erhal­ten, nicht auf die all­ge­meine Förder­höch­st­dauer angerech­net wer­den und durch die Aus­nahme­si­t­u­a­tion nicht erbrachte Prü­fungsleis­tun­gen dür­fen nicht nach den gel­tenden Regelun­gen der Förder­vo­raus­set­zun­gen berück­sichtigt wer­den. Einkom­men, welche Studierende nun bei der Bekämp­fung der Pan­demie erhal­ten, bspw. als medi­zinis­che Hil­f­skräfte, dür­fen nicht auf das BAföG angerech­net wer­den. Für Studienanfänger*innen und Studienanfänger*innen, die ihr Mas­ter-Studi­um begin­nen, muss es die Möglichkeit geben, auch bei ein­er Ver­schiebung des Stu­di­en­be­ginns das BAföG zum geplanten Aus­bil­dungs­be­ginn auszuzahlen. Stipen­di­en der Studien‑, Pro­mo­tions und Graduierten­förderung sind eben­falls, um ein Semes­ter zu ver­längern.

Befristete Verträge verlängern — Planungssicherheit zu schaffen

Befris­tete Arbeitsverträge sind um min­destens ein Semes­ter zu ver­längern, damit die wis­senschaftlichen Qual­i­fizierungsziele erre­icht und Forschung­spro­jek­te abgeschlossen wer­den kön­nen. Die Unter­brechung und Ver­schiebung des Semes­ters soll nicht auf die Befris­tungs­dauer nach dem Wis­senschaft­szeitver­trags­ge­setz (Wis­sZeitVG) angerech­net wer­den. Das Wiss-ZeitVG muss entsprechend ergänzt wer­den. Die aktuelle Krise zeigt erneut auf, dass das Wis­senschaft­szeitver­trags­ge­setz durch ein echt­es Wis­senschaft­squal­i­fizierungs­ge­setz zu erset­zen ist. Wir fordern Bund und Län­der auch auf, bei den Drittmit­tel­ge­bern auf die Ver­längerung aller befris­teten Pro­jek­te hinzuwirken, so dass befris­tete Verträge entsprechend um die Zeit der Coro­na-Krise ver­längert wer­den.

Finanzielle Sicherheit für Lehrbeauftragte und Honorarkräfte

Per­so­n­en, die Lehraufträge angenom­men haben muss ihre volle Semes­ter­vergü­tung aus­gezahlt wer­den, um Ver­di­en­staus­fälle zu kom­pen­sieren. Auch bei Aus­fall oder Ver­schiebung ihrer Ver­anstal­tun­gen müssen Sie einen Anspruch auf Abschlagszahlun­gen erhal­ten, eben­so wie stu­den­tis­che Hon­o­rarkräfte. Verträge mit stu­den­tis­chen Beschäftigten müssen wie geplant aus­gestellt oder ver­längert wer­den.

Hilfe für sich im Ausland befindende und ausländische Studierende

Studierende, die ihren stu­di­enbe­d­ingten Aus­land­saufen­thalt abbrechen oder nicht antreten möcht­en, dür­fen dadurch keine Nachteile in ihrer Aus­bil­dungs­förderung erhal­ten. Aus­ländis­chen Studieren­den muss per Erlass Sicher­heit gegeben wer­den, dass sich der Semes­ter- und Prü­fungsaus­fall nicht neg­a­tiv auf die Aufen­thalts­dauer auswirken. Das bedeutet u.a. den Finanzierungsnach­weis auszuset­zen und eine schnelle Ver­längerung der Aufen­thalt­sti­tel zu gewährleis­ten und Visa min­destens um ein Semes­ter zu ver­längern damit Studierende nicht unfrei­willig in ihre Herkun­ft­slän­der zurück­geschickt wer­den kön­nen. Stu­di­enge­bühren für Studierende aus Nicht-EU-Staat­en müssen erlassen und schnell­st­möglich abgeschafft wer­den. Wir unter­stützen in diesem Zusam­men­hang die Forderun­gen des Bun­desver­ban­des der aus­ländis­chen Studieren­den (BAS).

Regelungen für Prüfungen

Den Studieren­den soll unkom­pliziert die Möglichkeit eingeräumt wer­den Prü­fungs­for­men für zwin­gend notwendi­ge und nicht auszuset­zende Prü­fun­gen umzuwan­deln (bspw. eine mündliche Prü­fung in eine Hausar­beit). Prü­fungszeiträume und ‑fris­ten sollen möglichst kulant gestal­tet wer­den, damit den Studieren­den aus der Ver­schiebung des Semes­ter­starts keine Nachteile entste­hen. Die Staat­sex­a­m­en­sprü­fun­gen müssen im Ein­vernehmen mit den Studieren­den ver­schoben wer­den. Für betrof­fene Studierende muss es die Möglichkeit geben auch ohne Prü­fung vor­läu­fig zum Vor­bere­itungs­di­enst, Ref­er­en­dari­at etc. zuge­lassen zu wer­den.

Finanzielle Unterstützung bei Aus- und Aufbau digitaler Infrastruktur

Für einen schnelleren Aus- und Auf­bau dig­i­taler Infra­struk­turen an den Hochschulen sollen von Bund und Län­dern zusät­zliche finanzielle Mit­tel zur Ver­fü­gung gestellt wer­den, um die tech­nis­che Infra­struk­tur für dig­i­tale Lehr- und Lern­for­mate sowie Ver­wal­tung­sprozesse und das Per­son­al im Umgang damit flächen­deck­end zu unter­stützen. Gegebe­nen­falls muss Studieren­den die nicht über die tech­nis­chen Voraus­set­zun­gen und Zugänge ver­fü­gen, unter den Bedin­gun­gen des Not­be­triebs von den Hochschulen die notwendi­ge Infra­struk­tur bere­it­gestellt wer­den.

Finanzielle Hilfe für die Studierendenwerke

Die Studieren­den­werke sollen finanzielle Unter­stützung durch die Län­der und den Bund erhal­ten, um Ein­nah­meaus­fälle (bspw. durch den gerin­geren Verkauf von Men­saessen) durch die Ver­schiebung des Vor­lesungszeitraums zu kom­pen­sieren. Die Beratungsange­bote der Studieren­den­werke sollen nach Möglichkeit auch online zur Ver­fü­gung ste­hen. Eventuelle Mehrkosten durch Anschaf­fung von Hard- und Soft­ware sind den Studieren­den­werken durch die Län­der zu erstat­ten.

Diskriminierung durch Uni Assist beenden

Das Finanzierungsmod­ell von Uni Assist über Gebühren für aus­ländis­che Studienbewerber*innen war schon vor der Krise falsch. Jet­zt müssen diese diskri­m­inieren­den Gebühren endlich zugun­sten ein­er Finanzierung von Uni Assist durch den Bund abgeschafft wer­den. Die Mitarbeiter*innen, die wichtiges Knowhow über die inter­na­tionalen Bil­dungssys­teme ange­sam­melt haben, sind zu ent­fris­ten und nach TVöD oder TV‑L zu ent­lohnen. Die Auf­gabe, die Beratung, Unter­stützung und Trans­parenz in den Ver­fahren für aus­ländis­che Studienbewerber*innen zu verbessern, bleibt eben­so beste­hen wie die Frage nach den Organ­i­sa­tions- und Entschei­dungsstruk­turen von Uni Assist.