Stress vorbeugen — 3‑Versuche-Regel an Universitäten abschaffen
Durch eine Pressemitteilung der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) wurde ich auf das Thema Prüfungsangst und Prüfungsdruck aufmerksam.
Deshalb habe ich die Sächsische Staatsregierung mal gefragt, wie viele Studierende in Sachsen seit 2015 aufgrund von nicht bestandenen Prüfungen exmatrikuliert worden sind.
Die Antwort ist besorgniserregend: Während die Zahl der unfreiwilligen Studienabbrecher*innen im Jahr 2015 bei insgesamt 993 in allen sächsischen Hochschulen lag, betrug die Zahl im Jahr 2018 schon 1.270. Dies entspricht einem Anstieg um mehr als ein Viertel! Dabei ist das Nichtbestehen einer Prüfung keineswegs immer selbstverschuldet: Familie, Kinder, finanzielle Sorgen, Mehrfachbelastung durch Arbeit, Krankheiten oder auch private Krisen können ebenfalls Ursachen sein. Darüber hinaus klagen immer mehr Studierende über Stress, Prüfungsdruck und Versagensängste im Studium – alles Dinge, die ebenfalls stark belasten und zum Nichtbestehen führen können. Dieser Stress sowie der krasse Leistungsdruck im Studium können im schlimmsten Fall zu gesundheitlichen Problemen und psychischen Belastungen der Studierenden führen.
Der Gesundheitskiller Stress wird aus meiner Sicht auch durch die 3‑Versuche-Regel bei Prüfungen verstärkt. Denn fast alle Hochschulen in Deutschland begrenzen die Anzahl der möglichen Versuche, um eine Prüfung zu absolvieren. Bei Überschreitung dieser drei Prüfungsversuche folgt für die Betroffenen die Zwangsexmatrikulation, welche mit einem deutschlandweiten Immatrikulationsverbot für den jeweiligen Studiengang verbunden ist. Wenn mensch also drei Mal aus welchen Gründen auch immer durch die Prüfung gerasselt ist, dann war’s das mit dem Studium. Ich finde: Das geht auch anders! Genauso wie die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften fordere ich neben dem Ausbau von Beratungsangeboten im psychosozialen Bereich, die Abschaffung der 3‑Versuche-Regel. Tatsächlich gibt es Beispiele, die zeigen, dass nix Schlimmes passiert, wenn es keine begrenzte Anzahl an Prüfungsversuchen gibt. Die Uni Bielefeld begrenzt die Prüfungsversuche seit mehreren Jahren nicht mehr und siehe da: weder hat sich die durchschnittliche Studiendauer, noch die Anzahl der wiederholten Prüfungsversuche erhöht – die Studis sind dafür aber deutlich weniger gestresst. Darüber hinaus hat die Abschaffung der 3‑Versuche-Regel noch weitere positive Effekte: Einerseits gibt es weniger Verwaltungsaufwand und die Organisation des Prüfungswesens wird vereinfacht. Denn es gibt kein Nachhalten der Versuche, keine förmliche Anmeldung, keine Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen, keine im Einzelnen zu begründenden Prüfungsrücktritte. Und andererseits können Studis ihre Noten und ihren Durchschnitt verbessern, denn sowohl bestandene als auch nicht bestandene Prüfungen können wiederholt werden und am Ende wird dann die bessere Note berücksichtigt. Außerdem stehen statt Bulimie-Lernen, weil wieder Mal 4 Prüfungen innerhalb weniger Tage anliegen, bei denen es um Alles oder Nichts geht, vielmehr der tatsächliche Erwerb des Wissens und der Fachkompetenzen im Vordergrund.
Aus alledem folgt, dass das Nichtbegrenzen statt Begrenzen der Prüfungsversuche wohl vielmehr dazu geeignet ist, um ein erfolgreiches und deutlich weniger stressbelastetes Studium abzuschließen – ganz ohne sich von wenigen möglichen Prüfungsversuchen unter Druck zu setzen oder abschrecken zu lassen.
Die Pressemitteilung der KSS findet ihr hier.
Den Artikel der Sächsischen Zeitung findet ihr hier.
Den Beitrag des MDR: „LINKE will 3‑Versuche-Regel bei Hochschulprüfungen abschaffen“ findet ihr hier.